TRÄUME EINES EX-KÖNIGS

TRÄUME EINES EX-KÖNIGS

Dem literaturbegeisterten deutschsprachigen Publikum dürfte unter den ungarischen Autoren besonders Sándor Márai vertraut sein. Weniger bekannt ist dagegen einer seiner Zeitgenossen, Antal Szerb, dessen Drama EX wir uns für diese Spielzeit ausgesucht haben. Dieses auf dem Roman Oliver VII. basierende Drama ist nicht nur etwas für krimibegeisterte Zuschauer:innen und Leser:innen, sondern auch Fans von Fernsehserien wie Downton Abbey oder The Crown. Hier nun ein Überblick zu Werk und Autor.

Das von IN MEDIA SCAENA adaptierte Lustspiel EX des ungarischen Autors Antal Szerb (1901–45) entführt uns in die Hauptstadt des südlich warmen Alturiens, eines Landes gefertigt aus Fantasie und Poesie, das reich an Sardinen und berühmt für seinen Rotwein ist. An der Spitze ein junger König, Oliver VII., der lieber das Leben genießen als regieren will. Doch die Bevölkerung – träumerisch und wirklichkeitsfremd veranlagt, wie sie ist – lebt in zerrütteten wirtschaftlichen Verhältnissen. Ein Deal mit einem mächtigen Unternehmen des Nachbarlandes und eine Ehe mit dessen Königstochter sind der einzige Ausweg, aber der junge Monarch beschließt, den Pflichten zu entfliehen. Kurzerhand organisiert er eine Revolution und begibt sich voll Begeisterung ins Exil.

Doch kann er so einfach verschwinden? Was fängt ein Ex-König mit sich an? Und welche Zukunft hat Alturien? Nur allzu bald merkt er, dass er sich selbst nicht entfliehen kann und findet in einem Wechselspiel aus Sein und Schein zu seiner wahren Bestimmung.

Ein Blick auf Antal Szerb

Der am 1. Mai 1901 geborene ungarische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Antal Szerb ist in seinem Heimatland einer der meistgelesenen ungarischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Sein kurzes Leben ist geprägt von der Liebe zur europäischen Kultur und Literatur.

Als Sohn eines jüdischen, zum Katholizismus konvertierten Kaufmanns studiert er nach dem Abitur ab 1919 an der Universität Graz klassische und moderne Philologie, ab 1920 in Budapest Hungarologie, Germanistik und Anglistik und promoviert 1924. In den führenden literarischen Zeitschriften des Landes erscheinen Rezensionen, Essays und Erzählungen von ihm. Studienreisen und Stipendien führen ihn in den 1920er-Jahren nach Italien, Frankreich und England. Diese Eindrücke verarbeitet er in seinen ersten beiden Romanen Die Pendragon-Legende und Reise im Mondlicht, die seit ihrer Übersetzung ins Deutsche Anfang des 21. Jahrhunderts auch bei uns nicht unbekannt sind. Seine vielgelesene Ungarische Literaturgeschichte wird allein bis 1943 in einer Auflage von 23.000 Exemplaren gedruckt, aber 1944 schließlich verboten. Eine Universitätskarriere bleibt ihm aufgrund seiner jüdischen Abstammung zunächst verwehrt. Erst 1937 kann er sich an der Universität Szeged habilitieren und darf dort lehren.

1943 veröffentlicht Szerb zwei weitere Romane: Zum einen Das Halsband der Königin, der die Halsband-Affäre um den italienischen Scharlatan Cagliostro im Vorfeld der Französischen Revolution zum Stoff hat, und zum anderen Oliver VII. unter dem Pseudonym A.H. Redcliff, der als sein leichtestes Werk gilt. Kurz darauf überarbeitet er Letzteren als Lustspiel unter dem Titel Ex, das allerdings nicht mehr veröffentlicht wird. Erst 1964 wird Szerbs einziges Drama wiederentdeckt und 1965 uraufgeführt. Bis heute bleibt die politische Farce allerdings selten gespielt.

1944 wird der Autor mit anderen Budapester Juden deportiert und am 27. Januar 1945 im Lager Balf in West-Ungarn von Aufsehern erschlagen.

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