Die drei Leben des Leo Birinski

Die drei Leben des Leo Birinski

In knapp zwei Monaten feiern wir mit unserer neuen Theaterproduktion Bloß kein Chaos in der Kulturscheune Nürnberg Premiere. Doch wer war eigentlich der mysteriöse Autor des Stücks, den es von Kyjiw über Wien und Berlin bis nach Hollywood führte? Lassen Sie uns ein bisschen Ordnung in das Chaos um Leo Birinskis Leben und Persönlichkeiten bringen!

Viele Legenden ranken sich um den einst so gefeierten Theater- und Drehbuchautor sowie Filmregisseur Leo Birinski, dessen Dramen heute überraschenderweise eher selten auf den deutschsprachigen Bühnen zu finden sind. Liegt es vielleicht daran, dass es nicht leicht ist, sein Leben zu rekonstruieren? Und kann man überhaupt von einem Leben bei ihm sprechen? Besser wäre wohl von den drei Leben des Leo Birinski zu sprechen!

Das erste Leben

Leo Birinski kam vermutlich in Lyssjanska (heutige Ukraine) irgendwann Anfang der 1880er Jahre als Leo Gottesmann auf die Welt. Später gab er auch Städte in Galizien, in der Bukowina und sogar in Nicaragua als Geburtsorte an, die sich heute weitestgehend ausschließen lassen. Um 1904 zog der junge Literat mit seiner Familie nach Wien und wurde schnell in die Kreise bekannter Künstler und Schauspieler aufgenommen. Seine beliebten Dramen waren bald nicht nur auf den unzähligen Bühnen der k. und k. – Monarchie zu sehen: Die Satire Bloß kein Chaos etwa (im Original Narrentanz) feierte am 28. September 1912 gleichzeitig in zehn europäischen Städten Premiere, darunter in Berlin, München, Wien und Prag. Wenig später lief das Stück auch am Broadway in New York. Es wurde in 15 Sprachen übersetzt. Einige der damaligen Übersetzungen stammen vermutlich von Birinski selbst, da er wohl um die zwölf Sprachen beherrschte. Weitere bekannte Dramen: Der Moloch (1910), Raskolnikow (1910, basierend auf Dostojewskis Schuld und Sühne) sowie die im Englischen verfassten Dramen Nowhere Bound (1935) und The Day Will Come (1944). 

Das zweite Leben 

Ein Zufall führte dazu, dass Birinski 1920 quasi ein komplett neues Leben begann. In den Wiener Zeitungen erschien eine Nachricht über seinen Selbstmord, die sich auch im Ausland schnell verbreitete. Es handelte sich dabei um eine Verwechslung mit einem gewissen Leon Birinski, doch in vielen Enzyklopädien endete hier lange das Leben des Theaterautors. Stattdessen tauchte wie aus dem Nichts ein gleichnamiger Filmmacher in Deutschland auf. Leo Birinski zog damals tatsächlich nach Berlin und heiratete die polnisch-jüdische Pianistin Felicia Aschkenas. In den nächsten Jahren wurden in Deutschland basierend auf seinen Drehbüchern und möglicherweise mit ihm als Co-Regisseur mehrere Filme pro Jahr gedreht, unter anderem einer über die Spionin Mata Hari (1927), dessen US-amerikanische Adaption 1931 mit Greta Garbo in die Kinos kam. Auf der Fotografie oben sieht man Birinski (rechts außen) mit Kolleg*innen während der Aufnahmen zum Film Das Wachsfigurenkabinett (ca. 1923), bei dem er mit Paul Leni Regie führte. 

Das dritte Leben

Bereits 1926 siedelte Birinski mit einem nicaraguanischen Pass in die USA über. Wie er an diesen kam, ist unbekannt. Hier jedoch startet sein drittes Leben. Mit seinen Drehbüchern feierte er große Erfolge im glamourösen Hollywood. Sie bildeten etwa die Grundlage für die Filme The Song of Songs (1937) mit Marlene Dietrich und The Lady Has Plans (1943) mit Rita Hayworth und William Powell. Über seine letzten Jahre in den USA nach 1944 ist wenig bekannt. Laut einer Todesurkunde verstarb er mit 50 Jahren (!) am 23. Oktober 1951 in einem Armenkrankenhaus in New York und fand in einem Massengrab seine letzte Ruhe. So trägt auch das letzte amtliche Dokument zu den Legenden um sein Leben bei. 

Zur Wiederentdeckung Leo Birinskis und seines Theaterhits Bloß kein Chaos möchten wir mit dieser Produktion beitragen. Premiere feiert unsere Adaption am 11. Juni 2025 in der Kulturscheune Nürnberg. 

Aufführungen:

11. bis 14. Juni 2025, 19 Uhr

Kulturscheune Nürnberg, Zirkelschmiedsgasse 30

Tickets:

Karten 15 € und 10 € für Schüler*innen & Studierende 

über die Altstadtfreunde Nürnberg bzw deren Telefonnr: 0911 / 50 72 36 0

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